Nach 15 Jahren Motorradfahren war es endlich soweit: Meine erste Überfahrt über den Ärmelkanal stand bevor. Die Vorfreude war riesig, aber auch ein bisschen Nervosität war dabei. Wie funktioniert das mit dem Motorrad auf der Fähre? Hier teile ich alle meine Erfahrungen und gebe praktische Tipps für eure erste Überfahrt.
Die Vorbereitung
Buchung als Motorradfahrer
Die Buchung ist überraschend einfach. Bei allen drei Anbietern (P&O, DFDS, Irish Ferries) wählt man einfach "Motorrad" als Fahrzeugtyp. Die Preise sind deutlich günstiger als für PKW - ich zahlte für die einfache Fahrt nur 45 Euro inklusive Fahrer.
Spartipp
Bucht mindestens 2-3 Wochen im Voraus. Die Preise können sich bei kurzfristiger Buchung verdoppeln! Außerdem sind die frühen Morgen- und späten Abendfahrten oft günstiger.
Wichtige Dokumente
- Reisepass (mindestens 6 Monate gültig)
- Führerschein
- Fahrzeugschein
- Grüne Versicherungskarte (empfohlen)
- Buchungsbestätigung (ausgedruckt oder auf dem Handy)
Die Anreise zum Terminal
Von Deutschland aus führte mich die Route über die A4 durch Belgien. Die französische Grenze passiert man ohne Kontrolle, und schon nach wenigen Kilometern sieht man die ersten Schilder zum Fährterminal.
Wichtiger Hinweis
Plant genug Zeit ein! Die Anfahrt zum Terminal kann verwirrend sein, und man muss mindestens 45 Minuten vor Abfahrt am Check-in sein. Ich empfehle, lieber 60-90 Minuten früher da zu sein.
Navigation zum Terminal
Das Terminal ist gut ausgeschildert, aber die Beschilderung beginnt erst relativ spät. Folgt einfach den Schildern "Car Ferry" oder "Ferry Terminal". Die Adresse fürs Navi: Route de la Maison Blanche, 62100 Calais.
Der Check-in Prozess
Als Motorradfahrer hat man einen großen Vorteil: Man kann oft an den Autoschlangen vorbeifahren. Es gibt spezielle Spuren für Motorräder, die meist deutlich kürzer sind.
Ablauf am Terminal
- An der ersten Kontrollstelle zeigt ihr eure Buchung vor
- Weiterfahrt zur Passkontrolle (französische Ausreise)
- Britische Einreisekontrolle (direkt danach)
- Erhalt der Boarding-Karte mit Lane-Nummer
- Warten in der zugewiesenen Lane
Tipp für die Wartezeit
In den Wartespuren gibt es keine Toiletten oder Shops. Nutzt die Einrichtungen im Terminalgebäude vorher! Als Motorradfahrer könnt ihr aber meist noch mal kurz zurückfahren, wenn nötig.
Das Boarding
Wenn das Boarding beginnt, werden Motorräder oft als erste aufgerufen. Das Personal weist euch ein und zeigt genau, wo ihr parken sollt. Der Platz ist meist im unteren Deck, windgeschützt zwischen größeren Fahrzeugen.
Das Verzurren
Das war meine größte Sorge - unbegründet! Das Personal hat Routine und hilft aktiv beim Verzurren. Sie bringen die Gurte und zeigen genau, wie es gemacht wird:
- Motorrad auf dem Hauptständer abstellen (wenn vorhanden)
- Gang einlegen
- Vorderrad wird mit einem Keil fixiert
- 4-6 Spanngurte werden angebracht
- Alles wird doppelt gecheckt
Wichtig zu wissen
Ihr müsst keine eigenen Spanngurte mitbringen! Die Reederei stellt alles zur Verfügung. Nehmt aber unbedingt alles Gepäck mit nach oben - während der Fahrt kommt ihr nicht mehr ans Motorrad.
Die Überfahrt
Nach dem Verzurren geht es über Treppen nach oben in die Passagierbereiche. Die 90 Minuten vergehen überraschend schnell. Ich nutzte die Zeit für einen Kaffee und den Blick aufs Meer.
Cafeteria
Warme und kalte Getränke, Snacks und kleine Mahlzeiten. Preise sind okay (Kaffee 3€).
Duty-Free Shop
Parfüm, Alkohol, Süßigkeiten. Für Biker weniger interessant wegen begrenztem Stauraum.
Außendeck
Bei gutem Wetter toll! Warme Jacke nicht vergessen - es ist immer windig.
Das Wetter
Ich hatte Glück mit ruhiger See. Aber selbst bei Wellengang soll das Motorrad durch die professionelle Verzurrung absolut sicher stehen. Ein Crew-Mitglied erzählte mir, dass in 20 Jahren noch nie ein Motorrad umgefallen sei.
Die Ankunft in Dover
Bei der Ankunft werden Motorräder wieder bevorzugt behandelt. Oft dürfen wir als erste von Bord. Das Personal löst die Gurte, und schon kann es weitergehen.
Achtung: Linksverkehr!
Direkt nach der Fähre geht es in den Linksverkehr. Nehmt euch Zeit, lasst die Autos vorbei und gewöhnt euch langsam daran. Die ersten Kreisverkehre sind gewöhnungsbedürftig!
Die weißen Klippen
Der erste Blick auf die weißen Klippen von Dover ist atemberaubend! Ich bin erstmal rechts rangefahren (links parken in England!) und habe den Moment genossen. Das war der Beginn eines unvergesslichen Motorrad-Abenteuers durch Südengland.
Kostenübersicht
Was hat die Überfahrt gekostet?
- Fährticket (Motorrad + Fahrer): 45€
- Kaffee an Bord: 3€
- Sandwich: 5€
- Gesamt: 53€
Im Vergleich zum Eurotunnel (ab 65€ für Motorräder) ist die Fähre die günstigere Option. Außerdem kann man sich an Bord bewegen und die Überfahrt genießen.
Mein Fazit
Die Überfahrt mit dem Motorrad ist viel einfacher als gedacht! Das Personal ist routiniert und hilfsbereit, die Abläufe sind klar strukturiert, und als Biker genießt man sogar einige Privilegien.
Pro:
- Bevorzugte Behandlung beim Check-in und Boarding
- Günstiger als PKW-Überfahrt
- Professionelle Verzurrung inklusive
- Windgeschützter Parkplatz an Bord
- Zeit zum Entspannen während der Überfahrt
Contra:
- Wetterabhängig (bei Sturm keine Außendecks)
- Gepäck muss mitgenommen werden
- 90 Minuten "Zwangspause"
Meine Top-Tipps für Biker
- Tankrucksack abnehmen: Macht das Verzurren einfacher
- Wertsachen mitnehmen: Alles was ihr braucht nach oben mitnehmen
- Früh da sein: Mehr Zeit = weniger Stress
- Wetter checken: Bei Sturm kann es ungemütlich werden
- Regenkleidung griffbereit: In Dover regnet es öfter als in Calais
- Pfund dabei haben: Für die ersten Ausgaben in England
- Navigation vorbereiten: Linksverkehr braucht Konzentration
Bonus-Tipp
Ladet euch die Apps der Fährgesellschaften runter. Dort könnt ihr Buchungen verwalten und bekommt aktuelle Infos zu eurer Überfahrt.