Eigentlich sollte es eine normale Überfahrt werden, doch dann kam der Sturm. Was als routinierte Fahrt von Calais nach Dover geplant war, wurde zu einer zweistündigen Achterbahnfahrt bei Windstärke 8. Ein ehrlicher Erfahrungsbericht über raue See, Seekrankheit und warum die moderne Schiffstechnik trotzdem für Sicherheit sorgt.
Die Fährgesellschaften fahren nur bei sicheren Bedingungen. Ab Windstärke 10 wird der Betrieb in der Regel eingestellt. Die Schiffe sind für raue See konstruiert und verfügen über moderne Stabilisatoren.
Die Wettervorhersage - Erste Warnzeichen
Es war ein grauer Novembertag, als wir unsere Rückreise von England antraten. Die Wettervorhersage hatte Sturmböen und hohen Seegang angekündigt, aber nach Jahren der Kanalüberquerungen dachten wir: "Das wird schon nicht so schlimm werden." Ein klassischer Fall von Selbstüberschätzung, wie sich herausstellen sollte.
Bereits bei der Ankunft am Terminal in Dover wehte ein heftiger Wind. Die Möwen, die normalerweise elegant über dem Hafen kreisen, kämpften sichtlich mit den Böen. Die Flaggen am Terminal standen waagerecht im Wind - hätten wir das als Warnung verstehen sollen? Definitiv!
- Nutzen Sie windy.com für präzise Seegangsvorhersagen
- Prüfen Sie die Windstärke für die Überfahrtszeit
- Beachten Sie: Ab 3 Meter Wellenhöhe wird es ungemütlich
- Die Apps der Fährgesellschaften zeigen aktuelle Betriebsinfos
Check-in und erste Anzeichen
Am P&O Ferries Terminal lief zunächst alles normal. Die Mitarbeiterin am Check-in erwähnte beiläufig: "We might experience some moderate movement today." Was im britischen Understatement als "moderate" bezeichnet wird, sollten wir bald am eigenen Leib erfahren.
Beim Einfahren ins Autodeck fiel uns auf, dass die Crew besonders sorgfältig arbeitete. Jedes Fahrzeug wurde mit zusätzlichen Gurten gesichert, die Wohnmobile bekamen sogar doppelte Sicherungen. Ein deutliches Zeichen, dass man sich auf heftige Bewegungen vorbereitete.
"Der Kapitän kündigte 'moderate Bewegungen' an - was folgte waren 2 Stunden Achterbahnfahrt. Aber: Die Schiffe sind dafür gebaut und absolut sicher!"
Die Überfahrt - Wenn die See zeigt, was sie kann
Kaum hatten wir den geschützten Hafen verlassen, begann das Schiff merklich zu rollen. Die "Spirit of Britain", eines der größten Schiffe auf der Route, kämpfte sich tapfer durch die Wellen. Was normalerweise eine ruhige 90-minütige Überfahrt ist, wurde zu einer unvergesslichen Erfahrung.
Bedingungen während unserer Überfahrt
Die ersten 20 Minuten waren noch erträglich, doch dann nahm der Seegang deutlich zu. Das Schiff hob und senkte sich in einem Rhythmus, der vielen Passagieren sichtlich zu schaffen machte. Die Cafeteria hatte bereits vorsorglich auf Plastikbecher umgestellt, und das Personal sicherte alle losen Gegenstände.
Was uns half, die Überfahrt zu überstehen
Reisetabletten rechtzeitig nehmen
Wir nahmen Reisetabletten 30 Minuten vor Abfahrt - das war goldrichtig! Während der Fahrt ist es oft zu spät.
Horizont fixieren
An Deck den Horizont anzuschauen half enorm. Die frische Luft tat ihr Übriges gegen aufkommende Übelkeit.
Schiffsmitte aufsuchen
In der Mitte des Schiffs sind die Bewegungen am geringsten. Wir suchten uns Plätze im mittleren Bereich.
Ingwertee trinken
Ingwer hilft natürlich gegen Übelkeit. Wir hatten Ingwertee dabei - eine echte Wohltat bei rauer See!
Die Reaktionen der Passagiere
Die Bandbreite der Reaktionen war beeindruckend: Während einige Passagiere völlig entspannt ihre Zeitung lasen (wie machen die das nur?), suchten andere hastig die Toiletten auf. Eine Familie mit Kindern machte aus der Situation das Beste und bezeichnete es als "kostenloses Fahrgeschäft".
Besonders beeindruckend war die Professionalität der Crew. Sie bewegten sich trotz der heftigen Schiffsbewegungen sicher durch die Gänge, halfen wo nötig und verbreiteten eine beruhigende Routine. Man merkte: Für sie ist das nichts Außergewöhnliches.
Sicherheit geht vor
Trotz der heftigen Bewegungen fühlten wir uns zu keinem Zeitpunkt unsicher. Die modernen Fähren sind für solche Bedingungen gebaut. Die Stabilisatoren reduzierten die Bewegungen merklich - ohne sie wäre es noch deutlich heftiger gewesen.
Windstärken-Skala für Fährüberfahrten
Ankunft in Calais - Endlich fester Boden
Nach zwei Stunden erreichten wir endlich Calais. Die Einfahrt in den geschützten Hafen brachte sofortige Erleichterung - das Schiff beruhigte sich schlagartig. Beim Verlassen der Fähre wirkten viele Passagiere erleichtert, aber auch ein bisschen stolz, diese "Abenteuerfahrt" gemeistert zu haben.
Das Beeindruckende: Trotz der extremen Bedingungen gab es nur eine Verspätung von etwa 30 Minuten. Die Fährgesellschaften sind auf solche Situationen bestens vorbereitet und meistern sie routiniert.
Unsere wichtigsten Erkenntnisse
Nach dieser Erfahrung sind wir um einige Erkenntnisse reicher:
- Vorbereitung ist alles: Reisetabletten, Ingwer und leichte Kost sind bei stürmischem Wetter unverzichtbar.
- Vertrauen Sie der Technik: Die modernen Fähren sind extrem sicher und für raue See konstruiert.
- Flexibilität zahlt sich aus: Bei extremen Wettervorhersagen lohnt es sich, flexibel umbuchbare Tickets zu wählen.
- Die Crew weiß, was sie tut: Die Professionalität des Personals ist beeindruckend und beruhigend.
- Es ist ein Abenteuer: Im Nachhinein war es eine Erfahrung, die wir nicht missen möchten - auch wenn wir beim nächsten Mal vielleicht doch auf besseres Wetter warten.
Praktische Tipps für Ihre Sturmfahrt
Falls Sie selbst einmal in die Situation kommen, bei stürmischem Wetter überzusetzen, hier unsere bewährten Tipps:
- Reisetabletten 30-60 Minuten vor Abfahrt einnehmen
- Leichte, nicht fettige Mahlzeiten wählen
- Ingwertee, Kaugummi oder Ingwerbonbons mitnehmen
- Warme, winddichte Kleidung für Aufenthalte an Deck
- Plätze in der Schiffsmitte buchen/aufsuchen
- Bei Übelkeit: An Deck gehen und Horizont fixieren
- Ausreichend Wasser trinken (kleine Schlucke)
- Ablenkung durch Gespräche oder Musik
- Im Auto: Lose Gegenstände sichern
- Flexibel umbuchbare Tickets bei unsicherer Wetterlage
Fazit: Respekt vor der See
Diese Überfahrt hat uns gelehrt, die Kraft der Natur zu respektieren und gleichzeitig die moderne Schiffstechnik zu schätzen. Ja, es war ungemütlich. Ja, einige Passagiere hatten mit Seekrankheit zu kämpfen. Aber: Zu keinem Zeitpunkt bestand eine Gefahr.
Die Fährgesellschaften wissen genau, was ihre Schiffe leisten können und fahren nur, wenn es sicher ist. Bei wirklich extremen Bedingungen wird der Betrieb eingestellt - die Sicherheit geht immer vor.
Würden wir wieder bei Sturm fahren? Mit der richtigen Vorbereitung: ja! Es ist eine Erfahrung, die zeigt, wie klein wir Menschen gegenüber den Naturgewalten sind, aber auch, wie gut wir gelernt haben, damit umzugehen. Der Ärmelkanal mag nur 33 Kilometer breit sein, aber bei Windstärke 8 fühlt er sich deutlich breiter an!
Planen Sie Ihre Überfahrt
Finden Sie die besten Verbindungen und Preise für Ihre Kanalüberquerung
Fähre suchen & buchen